Ironman Mallorca – DNF die Zweite

Hallo Leute,

ich habe lange überlegt und mir viele Gedanken gemacht, wie ich diesen Blogartikel gestalte. Es gab Momente, da hätte ich völlig frustriert und deprimiert meiner schlechten Laune wegen der zweiten, nicht ins Ziel gebrachten Langdistanz in diesem Jahr, Ausdruck verliehen. Ein kleiner Depri-Blog also. Dann gab es wieder Momente, da wäre ein absolut positver Artikel entstanden, denn immerhin war die Leistung auf Mallorca nicht nur vielversprechend, sondern aus meiner Sicht sogar richtig gut. Heute schreibe ich Euch mit gemischten Gefühlen, es wird also ein optimistischer Depri-Blog. Ach was, es wird einfach ein Bericht über ein Rennen, das im Grunde nicht so schlecht war wie es vielleicht aussieht. Dass am Ende, nach dem vorzeitigen Ende beim Ironman Frankfurt im Juli, auch auf Mallorca ein DNF (Did Not Finish) steht, ist nunmal wie es ist. Aber ich erzähle von vorne.

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Mit Gerhard am Tag vor dem Rennen

Die Vorbereitung lief zum ersten Mal seit vier Jahren nahezu optimal. Die langwierige Schienbeinverletzung scheint im Griff und das Training kann ich gemeinsam mit Trainer Stephan Vuckovic bis zum letzten Tag komplett durchziehen. Nach dem Ironman Frankfurt habe ich drei intensive Trainingsmonate mit super Ergebnissen bei den Rennen in Bremen und Köln. So fit wie nie reise ich also am Mittwoch vor dem Rennen nach Alcudia/Mallorca. Das Ziel klar formuliert – ein Rennen mit einer Zielzeit unter 10 Stunden soll es werden. Realistisch betrachtet ist eine Schwimmzeit von 1:00 Stunden möglich, die Radzeit soll im Bereich von 5:15 Stunden liegen und dann hätte ich noch 3:35-3:40 Stunden für den abschließenden Marathon. Das kann ich definitiv laufen! Rechnerei und Spielerei, aber das ist der Plan.

Eine kleine Anekdote gibt es noch vor dem Rennen zu erzählen. Auf dem Rückweg von einem letzten Lauf werden Gerhard (Freund und ebenfalls Ironman-Teilnehmer) und ich aufgehalten. Bauern treiben ein paar schwarze Schweine von einer Weide auf die nächste. Mitten über die Straße, das versteht sich von selbst. Mit großen Stangen sichern sie den Weg nach hinten ab und wir kommen nicht daran vorbei. Also bleiben wir dahinter und gehen den Weg Richtung Finca gemütlich  in etwas Abstand zumal es eh nur noch wenige hundert Meter sind. Auf einmal bricht eines der Tiere trotz Abwehrversuchen der Bauern durch und rennt schnurstracks auf mich zu. Ich habe überhaupt keine Zeit zu überlegen und weiß auch ehrlich gesagt nicht wie aggressiv die Tiere sind. Rennt die Sau mich einfach um? Kurzentschlossen springe ich einfach zur Seite und versuche auf die kleine Steinmauer, welche die Straße nach rechts begrenzt, zu kommen. Das klappt zwar, aber ich reiße mir dabei die rechte Wade und die Hüfte auf. Nicht dramatisch aber immerhin so, dass es blutet und unter der Dusche ordentlich brennt. Großartig! Braucht kein Mensch zwei Tage vor dem Wettkampf.

Die Nacht vor dem Rennen wird dann aber leider aus einem anderen Grund zur Hölle. Ich komme in Summe wohl kaum auf mehr als zwei Stunden Schlaf. Erkältungssymptome und Aufregung  gepaart mit Vorfreude und Anspannung. Ich überlege wohl die gesamte Nacht, was es wirklich ist. Bekomme ich tatsächlich in der Nacht vor dem Rennen eine Erkältung? Ausgerechnet jetzt? Oder kommt das ungute Gefühl doch nur von der Aufregung. Selbst morgens in der Wechselzone bin ich mir unsicher. Soll ich starten? Kann ich es versuchen ohne meine Gesundheit zu riskieren? Ich entscheide mich dann für einen Start, muss aber allen Beteiligten versprechen, dass ich sofort aussteige, wenn es nicht geht. Einfacher gesagt als getan!

Das Schwimmen startet im Gegensatz zu allen meinen bisherigen Ironman-Rennen nicht als Massenstart sondern als Rolling Start. Es geht also nicht für alle auf einmal los, sondern erst mit Überqueren einer Zeitmessmatte am Strand startet die individuelle Rennzeit. Leider bringt das aus meiner Sicht für das Schwimmen keine Entspannung. Ich sortiere mich in der Startreihenfolge richtig ein (Schwimmzeit im Bereich von 60 Minuten) und trotzdem werde ich insbesondere auf der ersten Runde verprügelt wie nie zuvor. Dreimal wird mir die Schwimmbrille vom Gesicht geschlagen, am Hals kann man noch Tage nach dem Rennen die Kratzer von vier Fingernägeln erkennen. Zum Glück verliere ich im Getümmel die Brille nicht sondern kann sie jedes Mal wieder neu aufsetzen. Erst auf der zweiten Runde wird es übersichtlich und ruhiger. Eine wichtige Rolle spielt während des Schwimmens das Salzwasser. Nicht nur, dass es für mächtig Auftrieb sorgt, es spült auch Nase und Rachen frei. Ich kann wieder besser atmen als noch morgens und die leichten Halsschmerzen sind fast völlig verschwunden. So steige ich nach 1:02 Stunden gut gelaunt und frohen Mutes aus dem Wasser und renne zu meinem Rad.

Auf dem Rad spüre ich dann die positiven Auswirkungen des Rolling Start. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr ist es vom ersten Meter an ein faires Rennen. Keine völlig überfüllte Küstenstraße auf dem Weg nach Can Picafort und Arta. Wenn man möchte, kann man sauber fahren, den richtigen Abstand einhalten. Richtig stark fühle ich mich zwar nicht, aber die Nase ist frei und so bin ich der festen Überzeugung, dass es dann doch eher die Aufregung war, die mir eine unruhige Nacht beschert hatte. Leider fange ich ab Kilometer 100 wieder an über eine mögliche Erkältung nachdenken. Die Nase geht wieder zu, auf dem linken Ohr höre ich kaum noch etwas. Auch zu. Bei Kilometer 120 beginnt der lange Anstieg zum Kloster Lluc und hier fahre ich hoch wie ein alter Mann. Keine Kraft, kein Druck, nichts. Die Halsschmerzen kommen zurück und das Schlucken fällt mir schwer. Trotzdem komme ich nach 5:13 Stunden auf Platz 28 zurück nach Alcudia und stelle mein Rad in der zweiten Wechselzone ab.

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Start in den Marathon, der leider nach 12 Kilometern zu Ende ist

Ich ziehe meine Laufschuhe an und bereite mich für den Marathon vor. Insgesamt bin ich jetzt 6:20 Stunden unterwegs und ich habe, fast auf die Minute genau nach meinem Plan, 3:40 Stunden Zeit, um mein großes Ziel zu erreichen. Mit dieser Euphorie laufe ich also los und zuerst läuft es auch wirklich gut. Ich kann sogar die angepeilten Kilometerzeiten laufen, aber nach 10 Kilometern fühle ich mich wieder richtig schlapp und jetzt kommt auch noch Schwindel dazu. Bei Kilometer 12 stehen meine Supporter und ich bleibe dort erstmal stehen. Setze mich auf den Randstein und versuche mich zu sortieren. Ich fühle mich katastrophal, nicht kaputt und zerstört, wie das bei einem Ironman eben ist. Ein anderes, krankes Gefühl macht sich breit. Und hier erinnert mich Mathias Müller am Telefon daran, dass ich Aussteigen wollte und sollte, wenn es nicht geht. Nachdem ich mich dann auch noch zweimal übergeben muss, ist das Rennen für mich definitiv beendet. Ich möchte meine Gesundheit nicht riskieren und gehe direkt zum Arzt. Hier werden die Vitalwerte überprüft und auch wenn es hier keine Bedenken gibt, bleibt es bei meiner Entscheidung. Aus und vorbei. Ich habe es versucht aber es sollte nicht sein.

Natürlich bin ich enttäuscht. Ich wollte nach dem technischen Defekt in Frankfurt gerne zeigen, was ich drauf habe. Wofür ich ein ganzes Jahr trainiert und viel Leidenschaft und Zeit investiert habe. Dass ich trotz geschwächtem Körper auf Platz 28 in den Marathon starten kann zeigt aber, was alles möglich ist, wenn ich gesund und ohne Materialprobleme durch ein Rennen komme. Das wird im nächsten Jahr passieren, da bin ich mir ganz sicher. Und darauf freue ich mich.

Gemeinsam mit Stephan Vuckovic werde ich nach meiner Saisonpause im Winter intensiv am Schwimmen und am Laufen arbeiten und noch stärker ins nächste Jahr starten. Ich freue mich auf harte Einheiten und werde Euch hier auf dem Laufenden halten.

Vielen Dank an Euch Alle fürs Mitfiebern und für die tollen Nachrichten auf allen Kanälen nach dem Rennen auf Mallorca. Das zeigt auch, dass es die richtige Entscheidung war, das Rennen abzubrechen. Ich bin mir sicher es war für Irgendetwas gut. Ich bin gespannt wofür!

Viele Grüße
Euer Matthias

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